Die angekündigte Senkung des Rundfunkbeitrags um voraussichtlich 73 Cent hat Verfassungs- und Völkerrechtler Ingo von Münch als „Placebo“ bezeichnet. „In Wahrheit geht es nicht primär um eine Entlastung der privaten Haushalte, sondern um Ablenkung von der Hauptsache“, schrieb der frühere Hamburger Wissenschafts- und Kultursenator in einem Beitrag für das Nachrichtenmagazin FOCUS. „Das „Grundübel“ des seit Januar 2013 erhobenen Beitrags bleibe bestehen: Er werde pro Wohnung erhoben, egal ob darin tatsächlich Fernseher, Radios oder Computer genutzt würden. „Nicht wenige Menschen konsumieren hierzulande aus wohlerwogenen Gründen nur Hörfunksendungen“, so von Münch. „Sie müssen aber trotzdem den vollen Rundfunkbeitrag und damit auch für das öffentlich-rechtliche Fernsehen und dessen Online-Präsenz zahlen.“ Zumindest für diese Minderheit sei der Beitrag eine „Zwangsabgabe“. Von Münch fragte: „Wo bleibt in einem Land, das sich sonst in auffallendem Maße um Minderheiten sorgt, insoweit der Gedanke eines Minderheitenschutzes?“

Die Existenz einer Wohnung reiche „für die ‚Zwangsabgabe’ allein nicht aus“, so von Münch. In Wohnungen sei „vieles möglich, ohne das deshalb dafür ein Beitrag erhoben werden darf“. Die Verklärung zur „Demokratie-Abgabe“ sei „abwegig“, urteilte von Münch im FOCUS-Beitrag und fragte, ob „nicht Zeitungen und Zeitschriften ebenfalls einen Anspruch auf Teilhabe an einer solchen ‚Demokratie-Abgabe’ hätten“. Harsch urteilte er auch über „das vom Bundesverfassungsgericht erfundene Argument der ‚Grundversorgung’“ und fragte, ob auch „der abendliche Krimi zur zwangsweise finanzierten Grundversorgung“ gehöre. Sollte das Verfassungsgericht den Rundfunkbeitrag kippen, „käme dies einem Wunder gleich, denn die Rechtsprechung aus Karlsruhe war den Anstalten gegenüber bisher extrem freundlich, man könnte sogar sagen: sklavisch“, so von Münch.

FOCUS 04/2014 (http://www.focus.de/magazin/)

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